Wirtwoche 5: Marcus Traub – der Wärschtlatherapeut

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Wollt Ihr wissen, was die „Hofer Höflichkeit“ ist? Braucht Ihr eine kostenlose Therapiestunde? Oder habt Ihr einfach nur Lust auf Hof in seiner reinsten Form? Dann seid Ihr hier genau richtig. Willkommen bei der Wirtwoche 5!

 

Steckbrief

Name: Marcus Traub

Alter: 50 Jahre

Beruf:  Wärschtlamo

Aufgabenbereiche Volksfest:  Speisekarte mit Gerhard, Logistik für die Bratwurstbuden, „Tischdeckenbetreuer“, Versorgung von Shop und Kooperationspartnern mit Wertmarken

 

 

Yes! Einmal einem echten Hofer Wärschtlamo beim Arbeiten zusehen! Klar, dass ich das von Beginn an für diesen Blog wollte. Ein Hof-Blog ohne Wärschtlamo, wäre ja auch wie Weihnachten, ohne Nikolaus. Ostern ohne Osterhase. Oder eben Volksfest ohne Festwirte.  Heute schlage ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, deshalb laufe ich besonders beschwingt zu meinem Treffen mit Marcus Traub.

Als ich bei strahlendem Sonnenschein ankomme, begrüßt mich Marcus genauso freudig, wie ich ihn. „Was willst du denn wissen, wie wollen wir’s machen?“, fragt er mich umgehend und ich spüre, dass er tatsächlich ein wenig aufgeregt ist. Vermutlich, weil er nicht weiß, was da jetzt für ein Kreuzverhör auf ihn zukommt. Ich finde das unglaublich sympathisch. Wisst Ihr, wenn sich so gestandene Mannsbilder von meiner Arbeit beeindrucken lassen, dann ehrt mich das schon ein bisschen. Und davon abgesehen gibt mir Marcus gleich einen kleinen Einblick in seine Art, an die Dinge ranzugehen.  Nachdem er bisher auch der einzige Festwirt war, der wegen der Terminvereinbarung von selbst auf mich zugekommen ist, vermute ich, der Mann nimmt sein Schicksal gerne in die Hand, ohne lang zu Zögern und Zuzuschauen.

Nachdem Marcus mir einen Stuhl besorgt hat (vielen herzlichen Dank ans Jean-Paul Cafe an dieser Stelle!), erzählt er mir ein wenig von seinen Aufgaben als Festwirt. Dazu gehören vor allem schnelles Handeln und Flexibilität. Schnell mal Brötchen besorgen, schnell mal Wurst und Fleisch auffüllen oder schnell mal die Tischdecken über Nacht reinigen lassen. Sag‘ ich doch, der Mann ist zügiges Handeln gewohnt. Das kenne er ja im Kleinen, erzählt der Wärschtlamo. „Dabei kann es schon mal passieren, dass ein Bäcker keine Brötchen mehr hat. Aber im Notfall habe ich auch genügend Telefonnummern“, freut sich Marcus und stimmt damit in den Kanon seiner Kollegen ein. Die gute Vernetzung in Hof ist das, wofür die Festwirte immer wieder dankbar sind.

Dass Marcus der Mann mit den Connections ist, wundert mich nicht. An seinem Kessel bleiben während unseres Gesprächs die verschiedensten Menschen stehen. Jung und alt, mit Anzug oder ohne, jeglicher Nationalität und aus sämtlichen Berufsbranchen. Unser Wärschtlamo ist für seine Kunden aber nicht nur Verkäufer, nein, ein wenig wirkt er auch als Straßentherapeut. „Man erfährt viele Sachen, denn man ist eine Person, bei der man auch mal was hinterlegen darf. Die Leute kotzen sich auch schon mal aus“, berichtet er, um im gleichen Moment einem ankommenden Kunden entgegenzurufen „Wo kommst denn du her? Heute ist aber nicht Mittwoch, Wolfgang!“ Der Wärschtlamo kennt sich aus mit uns Hofern. Mit unseren Problemen, mit unseren Tagesabläufen, mit unseren Gewohn- und Eigenheiten. Sogleich gibt er mir auch eine Anekdote zum Besten: „Der Hofer hat so das Talent, niemandem auf den Sack gehen zu wollen“, scherzt er. Dabei raus kämen Sätze, wie „Ich hätt gern a paar Wiener mit bissla viel Senf.“ Ich weiß genau, was er meint und muss lachen. Hofer Höflichkeit nennt man sowas wohl. Lieber nicht zu viel fordern und wenn doch, dann subtil. Lustig. Ich sitze gern hier in der Sonne und höre unserem Hofer Original zu. Und die Kunden sind auch gut drauf. Manche fragen, ob ich Marcus‘ Praktikantin sei, andere feixen, ob sie wohl jetzt von mir aufgeschrieben würden.

Ob ihm seine Wärschtla selbst noch schmecken, will ich von dem Festwirt wissen.  Schließlich macht er den Job seit 14 Jahren. „Es wundert mich selbst, aber sie hängen mir überhaupt nicht zum Hals raus. Klar ess‘ ich auch gerne andere Dinge. Pizza, Nudeln oder mal eine Gemüsesuppe zum Beispiel. Allgemein esse und trinke ich gerne gut. Deshalb gehe ich auch drei mal die Woche laufen, sonst hätte ich drei Zentner drauf“, lacht er. Und jetzt passt auf: Unser Wärschlamo ist bereits neun mal den Berlin Marathon mitgelaufen! Hut ab! Und auch sonst scheint er ein recht aktiver Mensch zu sein. Allgemein könne er sich nichts schlimmeres vorstellen, als mit der Jogginghose vor dem Fernseher zu sitzen und darauf zu warten, ins Bett gehen zu dürfen. Na, das kann ich mir vorstellen.

Und dann ist der Mann auch noch eine total gute Seele. Er macht nämlich Werbung, ohne es zu merken und freut sich dann auch noch für seine 6 Kollegen: „Das Schöne ist, wirbst du für dich, wirbst du für alle anderen mit.“ Ihr fragt Euch jetzt sicher, wie man aus Versehen Werbung machen kann. Tja, kennt Ihr die Kolumne „Der Wärschtlamo gibt sein Senf dazu“ bei Extra Radio? Wenn nicht, folgt unbedingt mal dem Link. In regelmäßigen Abständen wird Marcus dort zu aktuellen Themen, wie der WM, befragt und gibt dann eben seinen Senf dazu. Und zwar in schönstem Hofer Orschgewaaf. Hört`s Euch an! Am Ende kommt dann immer Werbung für die Metzgerei Herpich und da ist der Punkt mit der versehentlichen Werbung. „Ich hab selbst ewig nicht gemerkt, dass das ja eigentlich Werbung für den Herpich ist“, meint Marcus achselzuckend. „Kriegen tu‘ ich da jedenfalls nix dafür!“, lacht er und ich lache mit.

Ich will hier überhaupt nicht mehr weg, muss ich zugeben. Die Gespräche mit den Kunden sind nett, das Wetter passt, der Wärschtlamo ist witzig und außerdem kommt man mit ihm von einen Thema zum anderen. Als ich mich letztendlich mit ein paar Wienern in der Hand verabschiede, wirken einige seiner Worte in mir nach. „Es ist schön, ein Teil dieser Stadt zu sein und ich habe hier wirklich meine Berufung gefunden. Bei meinem Job freut man sich schon am letzten Urlaubstag darauf, wieder arbeiten zu gehen.“ Schön, oder?

 

2 Fragen an Marcus

1.Ihr seid so gut vernetzt und habt überall Eure Finger drin. Wollt Ihr eigentlich die Weltherrschaft an Euch reißen?

Nein, natürlich das Universum! Aber das bleibt geheim!

2. Stell‘ dir vor, die Geschichte der fränkischen Volksfestwirt GmbH wird verfilmt. Welcher Schauspieler würde dich spielen?

Marcus: Harrison Ford in jungen Jahren…

Kunde: Urban Priol!

Marcus (lacht):…..also alles, was mit Abenteuer zu tun hat.

Kunde: Der Han Solo des Wurschtkessels!

 

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Geht’s Euch mal schlecht, setzt Euch einfach ne Runde zum Wärschtlatherapeuten. Ich verspreche, es hilft 🙂

 

 

 

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