Wirtwoche 3: Roland Degel-der Familienunternehmer

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Ganz ehrlich? Vor dem Gespräch mit Roland hatte ich tatsächlich ein wenig Bauchschmerzen. Nicht, weil er so angsteinflößend wirkt, nein, schaut Euch mal dieses sympathische Grinsefoto an. Aber ich wusste bereits im Vorfeld, dass er niemand ist, der sich gerne in den Mittelpunkt rückt und den Medien allgemein eher kritisch gegenüber steht. Naja, zumindest denen, die mit reißerischen Schlagzeilen ihre Geldgier befriedigen. Später reden wir darüber und ich verstehe genau, was er meint. Deshalb freue ich mich heute ganz besonders über eine schöne Geschichte von einem netten Mann. An dieser Stelle also schon einmal vielen Dank an Roland für sein Vertrauen und Euch ein herzliches Willkommen bei der Wirtwoche 3!

 

Steckbrief

Name: Roland Degel

Alter: 46 Jahre

Beruf: Landmaschinenmechanikermeister

Aufgabenbereiche Volksfest: Hausmeister, selbsternannter Sicherheits- und Toilettenbeauftragter, kümmert sich um das Muckturnier

 

Der Festwirt Roland ist der erste der acht Wirte, der mich zu Hause besuchen kommt. Weil wir uns am Abend treffen und ich noch nicht weiß, wie lange ich kinderfrei habe, bin ich froh, dass er den Weg nach Feilitzsch auf sich nimmt. Arbeiten im Home Office sozusagen. Ich frage, ob Roland etwas trinken möchte und er nimmt mein Angebot dankend an. Darum hat er bei mir sofort einen Stein im Brett. Es mag eine kleine Geste sein, doch einige meiner Gäste verwechseln es oft mit Höflichkeit, wenn sie „Bewirtungen“ ablehnen. Für mich ist diese Kleinigkeit aber ein Signal, dass sich die Menschen bei mir wohlfühlen (wollen). Kurz erzähle ich Roland davon und er lächelt darüber.

„Was für ein scheiß Wetter, oder?“, versuche ich ein Gespräch anzufangen. „Nein, das ist schon gut so“, entgegnet er und mir fällt wieder ein, dass Roland mit den Bauern unserer Region zusammenarbeitet. Die begrüßen das Ende der Trockenheit gerade natürlich sehr. „Landmaschinenmechanikermeister“, erklärt er mir und ich stelle fest, dass man für dieses Wort einen sehr langen Atem braucht. Leider vergesse ich die ausführliche Berufsbezeichnung während des Gesprächs immer wieder, deshalb lerne ich sie später am Abend auswendig. Kann ja wohl nicht sein.

Roland und seine Schwester Sandra haben 2003 das Familienunternehmen Degel Landtechnik  übernommen. Ein Betrieb, der bereits in der vierten Generation geführt wird. Bald 126 Jahre existiert das Unternehmen. Nicht übel, oder? Mir gefällt der Gedanke an den Zusammenhalt, der hinter so einer Firma stecken muss. Und Roland scheint seiner Familie auch insgesamt sehr verbunden zu sein. Als ich ihn frage, ob es irgendwelche Menschen gibt, die ihn inspirieren, denkt er als erstes an seinen Vater. „Der ist ja leider vor 11 Jahren gestorben, aber meine Schwester ist auch so ein Mensch. Die ist zwar jünger als ich, aber die ist so strukturiert, da schau ich schon ein wenig auf.“ Roland setzt wieder sein Grinsen auf und ich grinse, weil ich an meine beiden zankenden Geschwisterkinder denken muss.

Seine Meisterprüfung im Landmaschinenmechaniker-Handwerk legte Roland 2009 ab. Dafür musste er mit Mitte 30 nochmal die Schulbank drücken. Das sei schon seltsam gewesen, erzählt er mir, weil seine Mitschüler um die 16 Jahre alt waren. Ich kann ihn als Spätstudierende natürlich gut verstehen. Man lebt einfach in völlig verschiedenen Welten. Besonders beim Thema Anwesenheit im Unterricht sind wir uns einig. Wenn man bereits gelernt hat, selbständig zu arbeiten und eigene Prioritäten zu setzen, ist ein von außen auferlegter Stundenplan nicht gerade etwas, das man ernst nehmen kann.

Wir reden über das Volksfest und Rolands Aufgaben. Der Festwirt nennt sich selbst scherzhaft „Scheißhausbeauftragter“. Das klingt witzig, aber als wir darüber quatschen, wird mir klar, dass selbst die Toiletten die durchdachte, liebevolle Handschrift der fränkischen Volksfestwirt GmbH tragen. Kennt Ihr noch  das Kinderklo? Der kleine Raum im Container mit winziger Toilette und kleinem Waschbecken ausgestattet? Das fand ich ja schon immer total schön.  „Das kostet zwar Geld, ist aber eben ein Service, den man auch den kleinen Gästen bietet“, lächelt Roland zufrieden. Ich finde das toll. Man muss dort nicht Schlange stehen und schön sauber ist der Raum auch. Und ich habe so eine Kindertoilette auf noch keinem anderen Fest gesehen.

Womit wir wieder beim Thema Familie angelangt wären. Ich frage Roland, was er in seiner knappen Freizeit so treibt und er erzählt mir von Ahnenforschung. Wenn er Zeit dafür findet, beschäftigt er sich nämlich damit, seinen Stammbaum zu erkunden. Ich frage ihn, wie man zu so einem Hobby kommt. „Das ist halt so“, erklärt er mir, „bei den Bauern ist es so gewesen, die haben eine riesen Verwandtschaft und riesige Hochzeiten. Die sind über tausend Ecken verwandt. Die ganzen Verwandtschaftsverhältnisse musst du schon alleine wegen dem Job wissen. Du musst ja aufpassen, was du sagst“, lacht er. „Durch das und wegen unseres 100jährigen Jubiläums 1999 war das so ein Grund zu sagen, ich fang da mal an. Mittlerweile hab ich da knapp tausend Mann drin.“ Donnerwetter. Ich frage, wie er all diese Menschen ausfündig gemacht hat. „Da ruft man mal an oder hält mal mit dem Auto an und schaut mal vorbei und sagt ich bin der und der, kann das sein, dass  wir verwandt sind? Dann suchen die ein bisschen was zusammen und schicken‘s dir und so weiter. Im Moment hoffe ich auf ein Familienwappen, das vielleicht eine ältere Dame für mich hat.“ So, wie mir mein Gesprächspartner von seinen Nachforschungen erzählt, finde ich das Thema auf einmal auch spannend. Von allein wäre ich niemals auf so etwas gekommen, aber jetzt würden mich meine eigenen Wurzeln plötzlich auch mehr interessieren.

Als mir Roland später noch von der Erntekrone erzählt, die er ins Festzelt geholt hat, um ein wenig „Land in die Stadt zu bringen“ und von seiner Tätigkeit im Gemeinderat Leupoldsgrün schwärmt, wird mir bewusst: Der Mann ist nicht einfach nur ein Familienunternehmer, er scheint auch ein sehr loyaler Typ zu sein. Das sind die Festwirte vermutlich alle.

 

2 Fragen an Roland

1.Welches Erlebnis als Volksfestwirt ist dir als besonders lustig im Gedächtnis geblieben?

Das ist eigentlich schon ein Insider. Einmal war ein Türschloss bei den Damentoiletten kaputt. Wir machten uns zu zweit auf den Weg zur Firma Fichtner, um ein Neues zu besorgen. Wir lachten darüber, dass man zwei Mann bräuchte, um ein einzelnes Schloss zu besorgen. Die Kollegen meinten dann „Einer ist clever und der andere fährt“. Seitdem ist immer die Frage: „Wer ist heute clever und wer fährt?“

2. Stell‘ dir vor, die Geschichte der fränkischen Volksfestwirt GmbH wird verfilmt. Welcher Schauspieler würde dich spielen?

Ich weiß nicht, ich merke mir allgemein keine Namen von Schauspielern. Heinz Rühmann wäre mir jetzt als erstes eingefallen. Ein Freund von mir sagt immer, ich würde aussehen, wie George Clooney. Das habe ich aber nie verstanden, ich finde das überhaupt nicht.

 

So, Ihr Lieben, die Wirtwochen neigen sich schon langsam dem Ende zu. Nächste Woche lernt Ihr Freddy kennen und dann fehlt nur noch Björn! Um die Zeit zu vertreiben, schlage ich vor, wir lernen jetzt alle ein wenig Rolands Berufsbezeichnung auswendig. Also………? Erwischt!

 

 

2 Kommentare

  1. Hallo, ich kann mich noch gut erinnern, wie ich als kleines Bauernkind mit meinem Pappa zu Degel nach Leupoldsgrün gefahren bin. Das war immer ne wilkommene Abwechslung. Außerdem war ich immer neugierig auf neue Maschinen die am Hof standen. Das war fast ne Art Spielwiese für nen kleinen Jungen vom Dorf. Heute bin ich einfach nur froh, das es die Firma noch gibt. In einer Zeit des immer schneller ablaufenden Wandels dem man ausgesetzt ist, ein gutes zu wissen, das es doch Dinge gibt die Bestand haben. Deshalb ein Dankeschön an die Firma Degel für schöne Kindheitserinnerungen 🙂

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