Feministisches Hof – 5 Jahre Frauen Stärken

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….klingt jetzt erst mal so, ne? Beim „F-Wort“ zuckt ja so mancher Mitbürger gerne zusammen. Allerdings liegt das häufig an der Missinterpretation des Begriffs. Feminismus heißt nämlich nicht, dass sich bissige, zugeknöpfte Kratzbürsten verbünden, um den Männern die Weltherrschaft zu entreißen. Feminismus ist grundsätzlich mal nur das total ungefährliche Streben nach gelebter Gleichberechtigung aller Geschlechter. Was dabei helfen kann sind Netzwerke, wie Frauen.Stärken.Hof. Ich war zum 5-jährigen Jubiläum der Organisation eingeladen, um meine Arbeit vorzustellen und berichte Euch heute von einem inspirierenden Abend.

Immer weniger junge Frauen interessieren sich für weibliche Themen, wie die Gleichberechtigung. Darauf weist Dr. Katharina Bunzmann, eine der drei Initiatorinnen von Frauen.Stärken.Hof., bei der gestrigen Eröffnung des 5-jährigen Netzwerk-Jubiläums hin.

Ich sitze im Publikum und nicke zustimmend. Auch ich habe während meiner Studienzeit festgestellt, dass gerade meine jüngeren Kommilitoninnen die Gleichberechtigung der Geschlechter als Selbstverständlichkeit annehmen. Wenn ich mit dem Thema anfange, schauen sie genauso desinteressiert, wie unsere Nachbarskatze, wenn meine Kinder sie anlocken wollen. Und warum auch sollte sie das Thema interessieren? Sie haben tolle Noten, machen Karriere und fühlen sich kein bisschen benachteiligt. Bis zu einem gewissen Punkt.

Die Sache ist nämlich die: Egal, wie aufgeklärt junge Menschen leben, egal, wie gleichberechtigt sie ihre Partnerschaften führen, egal, wie fair die Aufgabenverteilung in ihren Beziehungen sein mag – sobald Kinder ins Spiel kommen, werden Mütter & Väter von ihrer Umwelt in muffige Traditionsrollen zurückgepresst. Und zwar schneller, als Angela Merkel „Vaheinbahkeit“ sagen kann. Und nein, das ist keine subjektive Wahrnehmung meinerseits, das ist wissenschaftlicher Fakt. Auch im Jahr 2019 noch. Nicht so cool.

Was hingegen ziemlich cool ist, sind Netzwerke, wie Frauen.Stärken.Hof. Allein bei dem Namen geht mir mein Herz auf. Denn allzu oft stelle ich fest, dass es gerade Frauen sind, die sich das Leben gegenseitig schwer machen, an Stellen, wo sie eigentlich verständnisvoll zusammenhalten müssten. Kleiner Auszug aus häufig geführten Frauengesprächen gefällig?

  • Wie kann die nur so früh wieder arbeiten gehen? Also dafür habe ICH keine Kinder bekommen!
  • Wow, so eine Glucke. Drei Jahre Elternzeit – findet die sonst keinen Sinn im Leben?
  • Stell‘ Dir vor, die ist schon 35 und immernoch kein Nachwuchs in Sicht. Was für ein einsames, egoistisches Leben…
  • Poah, wie die sich in den Mittelpunkt drängt…. der arme Mann hat zuhause bestimmt nix zu melden!
  • Schau mal, wie die sich gehen lässt! Nach einem Jahr sollten die Schwangerschaftspfunde doch mal wieder runter sein…
  • Hast du gesehen? Jetzt war die schon das zweite Wochenende Party machen. Wohin die wohl ihre Kinder abschiebt? Und überhaupt – die betrügt doch bestimmt ihren Mann, so wie die sich aufbrezelt!

(…hier einfach noch mehr sexistisches Blabla ergänzen)

Man kann’s als Frau und Mutter gar nicht richtig machen. Merkt Ihr selber, ne? Und ja, auch Männer haben mit solchen 50er-Jahre-Vorurteilen zu kämpfen. Doch die wirken sich zumindest auf ihre Karrierechancen nicht negativ aus. Arbeitgeber unterstellen Familienvätern nämlich nachweislich mehr berufliches Verantwortungsbewusstsein, was wiederum zu Beförderungen und besserer Bezahlung führt. Zwar ist diese vorgefertigte Ernährerrolle auch nicht immer easy, doch um Männer soll es heute mal nicht gehen. Heute soll es um weibliche Lösungen gehen.

Initiiert wurde Frauen.Stärken.Hof. vor 5 Jahren von den Organisatorinnen Susanne Oppermann (Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Bayreuth – Hof) , Dr. Katharina Bunzmann (Beauftragte für Demografie, Senioren und Gleichstellung der Stadt Hof) und Anne-Christine Habbel (Geschäftsführerin am Institut für Informationssysteme, Hochschule Hof). Alles starke Frauen, die bereits fest im Leben standen, als sexuelle Gewalt in der Ehe noch nicht als Vergewaltigung angesehen wurde. Aber nicht, weil die Damen schon so alt wären – nein -1997 ist einfach noch gar nicht so lange her. Inzwischen umfasst der Verteiler der Organisation bereits 400 Kontakte.

Susanne Oppermann (links) und Dr. Katharina Bunzmann (rechts) werden zum Jubiläum beglückwünscht

Da stehen also zwei dieser selbstbewussten Initiatorinnen im Tagungsraum des Hotel Falter und erzählen von ihren Zielen und der Notwendigkeit, als Frau aktiv berufliche Kontakte zu knüpfen und ich sitze im Publikum und nicke und nicke und mir wird davon bald schwindelig. Ein bisschen schwummrig ist mir aber auch noch aus einem anderen Grund: Ich bin hierher eingeladen worden, um meine Arbeit vorzustellen. Das ehrt mich und macht mich nervös zugleich. Doch es dauert keine zehn Minuten und ich fühle mich angekommen. Ein nettes Lächeln hier, ein paar freundliche Worte da und nicht zu vergessen: Eine warme Leberknödelsuppe.

Als ich mich umschaue entdecke ich bekannte Gesichter. Die neue 36 Jahre junge Leiterin des Museums Bayerisches Vogtland, Dr. Magdalena Bayreuther, sitzt direkt neben mir und wir freuen uns über die Gelegenheit zum persönlichen Händeschütteln. Oberbürgermeisterkandidatin Eva Döhla sitzt ebenfalls an meinem Tisch und wir winken uns fröhlich zu. Von der Frankenpost ist auch jemand da. Lisbeth Kaupenjohann ist eigentlich schon Rentnerin, aber nach wie vor freiberuflich für die Zeitung tätig. Sie liebt ihren Beruf und wollte ihn schon immer ausführen, sagt sie. Und so, wie sie dasitzt, mit ihren langen, grauen Haaren und den wunderschönen Lachfältchen im Gesicht, fange ich sofort an, sie zu bewundern. So möchte ich später auch mal dasitzen. Weibliche Vorbilder. Auch so’n Thema.

Dann bin ich dran und meine Bekannte – nein, seit gestern kann ich sie hoffentlich Freundin nennen – Katja Moch, interviewt mich.

Links: Katja Moch, leidenschaftliche Wiedereinstiegsberaterin bei der Arbeitsagentur Bayreuth – Hof

Ich darf berichten, wie ich zum Bloggen gekommen bin, was mich inspiriert, wie ich mich finanziere, wer meine bisherigen AuftraggeberInnen sind und wie ich die Zukunft sehe. Ich erzähle, dass ich es genieße, mir meine Arbeitszeit als Freiberuflerin flexibel einteilen zu können und dass mir Wochenend- und Nachtschichten tausend mal lieber sind, als reumütige Anrufe beim Arbeitgeber, weil das Kind zum dritten Mal in Folge krank ist. Außerdem werde ich gefragt, ob es männliche Konkurrenz in meinem Bereich gibt. Und als ich dann sage, dass es bei mir um Leidenschaft, Glaubwürdigkeit und Herzlichkeit geht und das alles Attribute sind, die man klischeemäßig ohnehin eher uns Frauen zuschreibt, bekomme ich Applaus. Das freut mich. Irgendwas Positives muss man ja aus dem unliebsamen Rollenverständnis einer Frau ziehen können.

Beim Hauptgang unterhalten wir uns weiter über Fähigkeiten, mit denen weibliche Arbeitskräfte punkten können. Ausgangslage ist die Tatsache, dass es gerade Mütter sind, die gelernt haben, mit vielen Bällen gleichzeitig zu jonglieren. Arbeit – Kontakt zur Kita – Ehrenamt – Hobbies der Kinder – Einkauf – Haushalt – Essen – Fürsorge – Pflege von Angehörigen – Emotionales. All das liegt nämlich nach wie vor inoffiziell in unserer Verantwortung. Und daraus entstehen nicht nur ein belastender „Mental Load“, sondern häufig auch Zusatzqualifikationen, wie eine glänzende Multi-Tasking Fähigkeit oder gedankliche Flexibilität. Doch wie erreicht man, dass auch Arbeitgeber das erkennen?

„Chefs befördern gerne Nachwuchs, der ihnen ähnlich ist“, wirft Susanne Oppermann bei einer Diskussion ein. Was das bedeutet, könnt Ihr Euch ja vorstellen. Na klar ist das nicht die Mutti, die brav zu Hause bei ihren Kindern bleibt. Na klar ist das der männliche Mitstreiter, der bei einem Feierabendbier mit dem Chef unter Beweis stellt, dass er ein geiler Hecht ist. Ist also die Lösung, dass wir Frauen einfach männlicher werden?

Ich, wie ich zumindest schon mal total „männlich“ dastehe

Während der Abend sich dem Ende zuneigt und Hanna Vinichuk, Migrationsberaterin der Diakonie, in schönstem französisch ein paar Gesangseinlagen zum Besten gibt, sinniere ich über diese Frage. Eigentlich finde ich nämlich: Nö. Die Definition von Weiblichkeit beinhaltet sehr schöne Eigenschaften. Allein die zarte und zugleich kräftige Stimme der Sängerin vor mir, allein ihre sinnlichen Bewegungen in diesem schönen Kleid, strahlen so viel Herz aus – darauf sollte die Welt auf keinen Fall verzichten müssen. Andererseits leben wir in einer Wettbewerbsgesellschaft. Ein bisschen spitzere Ellbogen könnten uns Frauen da wirklich nicht schaden. Ein bisschen weniger Angepasstheit. Ein bisschen weniger „Hoffentlich mögen mich alle“ und dafür etwas mehr „Scheiß drauf, ich mach‘ das jetzt!“ Doch wird die Welt dann nicht noch egoistischer? Hm. Wie wäre es, wenn Männer den Anteil an emotionalem Kram übernehmen, den wir Frauen bereit sind, abzugeben? Klingt doch eigentlich ganz gesund, oder? Wie immer stelle ich fest: Ohne die Männer in unserem Boot wird das alles nix. Oh Mann.

Bei so viel Gefühl in der Stimme war ein Verstehen des französischen Textes überflüssig

Doch, weil man ja bekanntlich nur sein eigenes Verhalten ändern kann, müssen auch Alternativlösungen her, die von Männern unabhängig sind. Und eine davon ist eben die aktive, berufliche Vernetzung von Frauen, wie sie hier stattfindet. Denn keine Krabbelgruppe, kein PEKip-Kurs, nein, auch nicht die ehrenamtliche Tätigkeit im Elternbeirat können uns die gesellschaftliche Anerkennung entgegenbringen, die wir für eine eigene, finanziell gesicherte, Zukunft brauchen. Stammtische – so wie Männer sie seit einer Ewigkeit pflegen- können hingegen zu weiblichem Berufserfolg verhelfen. Man lernt sich persönlich kennen und schätzen und am Ende bringt man sich an entsprechenden Stellen gegenseitig ins Gespräch. Eigentlich ganz simpel, wie die Männer das machen.

Am Ende des Abends bin ich von dieser Sichtweise absolut überzeugt. Denn ich bringe nicht nur einen Tombolagewinn, Inspiration und gute Laune mit nach Hause, sondern auch drei neue Kooperationsanfragen. Ich freue mich schon auf’s nächste Treffen!

 

Frauen.Stärken.Hof  ist die erste Organisation in Hof, die sich der beruflichen Vernetzung von Frauen aller Altersstufen und aus allen Bereichen widmet. Wenn Ihr mehr über das Netzwerk erfahren wollt, folgt einfach diesem Link hier.  Dabei wünsche auch ich mir, mehr junge Unterstützerinnen beim nächsten Treffen zu sehen. Seid Ihr dabei?

 

 

 

 

2 Kommentare

  1. Danke, liebe Jennifer, oder besser gesagt – merci!
    Es ist nicht überlesbar:), dass du deine Berufung in den Geschichten schreiben gefunden hast! Bitte weiter so!
    Herzliche Grüße
    Hanna

    1. Und ich danke Dir für die wunderschönen Klänge – Es ist nicht überhörbar, dass Deine Leidenschaft im Singen liegt <3
      Hoffentlich bis zum nächsten Mal!

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